Das Fürstenzimmer von Schloss Velthurns

Herausgeber: Richard Franz Ricchebuono
Verlag Athesia Bozen, 2011
144 Seiten, Deutsch
Text: Jürgen Schönwälder

Fotografie: Wolfgang Thaler

Gestaltung: metaphor


Der Edelsitz Velthurns in Südtirol, als Sommerresidenz der Fürstbischöfe von Brixen in den Jahren zwischen 1577 und 1587 erbaut, birgt einen Schatz der Intarsienkunst aus der Epoche der Renaissance, der lange Zeit verkannt wurde.

 

Das »Fürstenzimmer« gehört seinem Wesen nach der Kultur der fürstlichen Kunst- und Wunderkammern an, welche in diesem Zeitraum beiderseits der Alpen ihrem Höhepunkt entgegenstrebte. An den ganz außergewöhnlich reichen Wand- und Deckenvertäfelungen lässt sich dies unmittelbar ablesen. Die architektonischen Formen der Portale und Wandfriese, der Motivschatz von gürlichen Jagdszenen, römischen Ruinen und schillernden exotischen Vögeln stehen in einem für die Epoche charakteristischen Spannungsverhältnis zu einer erstaunlichen, durchaus abstrakten Formensprache, die einer geradezu zeitlos anmutenden, eher freien Kunstau assung zu entsprechen scheint.

 

Wie ein Versprechen, dessen Erfüllung in einem noch verhüllten Geheimnis verborgen bleibt, welches sich der Enträtselung immer wieder entzieht, tritt das Fürstenzimmer nicht einfach nur als getäfelter Prunkraum aus grei arer Materie entgegen, sondern wird vielmehr auf subtile Weise bildha wirkender Ausdruck spektakulärer, und dabei doch auch archaischer Ober ächen, die dem außerordentlichen Werksto der Flammesche entlockt werden, deren materieller Wert allein schon die Möglichkeiten eines gewöhnlichen Budgets bei weitem überschritt.

 

Das künstlerische Interesse offenbart sich in der unvergleichlichen Intensität und Prägnanz der Darstellung belebter Immaterialität, in vexierspielha en Verwandlungen, in virtuell- illusionistischen, aus Furnieren gefertigten Landscha sbildräumen.

 

In den achtziger Jahren wurde diese einzigartige Sommerresidenz aus dem späten 16. Jahrhundert durch die Südtiroler Denkmalp ege vorbildlich restauriert und dennoch ist sie nur wenigen Interessierten aus eigener Anschauung bekannt. Das von Dr. Richard Franz Ricchebuono herausgegebene Buch möchte nun in einem großzügigen Bildpanorama die Aufmerksamkeit auf dieses Kleinod lenken.

 

Der Münchner Kunsthistoriker Dr. Jürgen Schönwälder beschreibt die Rafinessen dieses höchst erstaunlichen Kunsthandwerks der Intarsie. Er eröffnet damit einen faszinierenden Einblick in die Möglichkeiten der plastischen Darstellung, etwa der Körperlichkeit von Mauerquadern – weit über die bloße Linearperspektive hinaus. Man kann auch erfahren, zu welchen ausgeklügelten Mitteln die Meister griffen, um die oben beschriebenen Effekte hervorzurufen. Dazu gehören ganz wesentlich auch Anspielungen auf andere Materialien wie vor allem auf Marmor, die den Eindruck dieses Gemachs prägen. Erstmals wird hier auch der Zusammenhang mit den damaligen Zentren dieser alpenländisch-süddeutschen Region kunsthandwerklicher Kultur ausführlich dargelegt – Augsburg und Innsbruck. Die Vertäfelung der Prunkstube, die der Meraner Hans Spineider als verantwortlicher Meister ausführte, ist ein Werk von überregionaler Bedeutung. Der Lebens- und Ausbildungsweg Spineiders erschließt sich nur aus der Anschauung – auch in dieser Hinsicht wird ein Rest von Geheimnis bleiben, solange die Quellen schweigen.

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