âIch zerlege es, ich vergröĂere und, wenn man so sagen kann, retardiere, um die Zeit zu haben, endlich zu wissen. Die FOTOGRAFIE rechtfertigt diesen Wunsch, auch wenn sie ihn nicht erfĂŒllt.â Roland Barthes
Wolfgang Thalers fotografische Vorlagen fĂŒr Matter of Selection sind keine objektiven und neutralen ReprĂ€sentationen, völlig idiosynkratisch ist seine Motivwahl und Perspektive. Der voyeuristische Blick in die Wohnung eines Sammlers, in offene KleiderschrĂ€nke â gestapelte Kappen, Krawatten oder HosentrĂ€ger â, auf die polierte OberflĂ€che eines Metallregals, einzelne Schrauben, BĂŒcher â ihre Titel und Namen â, ein weiches Fell, dass scheinbar zufĂ€llig ins Bild gerutscht ist, reprĂ€sentieren einen bestimmten Raum, einen Ort, der erfasst werden will. Doch bleibt dieses Innere, das Privatheit und IntimitĂ€t suggeriert, durch den subjektiven Blickpunkt, der den Ausschnitt des Bildes wie seine RĂ€nder definiert, im Verborgenen. Wolfgang Thaler spricht von fotografischen Dokumenten, (…) von höchstaufgelösten schwarz / weiĂ Negativen, die keine Bilder sondern reine Information darstellen und zugleich eine Distanz zum Ort der Aufnahme schaffen.
Matter of Selection unterhĂ€lt ein paradoxes VerhĂ€ltnis zu den Dingen, die es zeigt. Wie ein Detektiv untersucht Wolfgang Thaler mittels digitaler Lupe die Fotografie, löst Details heraus, und setzt sie als Bilder im Cinemascopeô°Format wieder zusammen.
Viele experimentelle Filmô° und VideokĂŒnstler haben mit dem âEinzelbildâ, dem Grundbaustein des Films, experimentiert und unterschiedlichste Methoden entwickelt, um diesen âerkennbarâ zu machen. Jim Cambell beispielweise, komprimierte fĂŒr Illuminated Average (2000) den zeitlichen Verlauf von Hitchcocks Psycho in einem einzigen Diapositiv. Wird hier Bild fĂŒr Bild ĂŒbereineinadergeschichtet, zeigt Matter of Selection das genau umgekehrte Verfahren. Langsam und meditativ bewegt sich die Kamera ĂŒber die OberflĂ€che der Fotografie, entfaltet Detail fĂŒr Detail RĂ€ume und fĂŒhrt immer tiefer in die reô°imaginierte Welt des Abbilds. Der Sinngehalt der Fotografie und sein âEs ist so gewesenâ (Roland Barthes) werden dabei ad absurdum gefĂŒhrt. Wolfgang Thaler dehnt die Dauer eines einzelnen Augenblicks auf 30 Minuten Filmzeit aus. Matter of Selection zeigt die gelungene Verflechtung von Film und Fotografie innerhalb der einen BildflĂ€che, generiert Raum und Bewegung wo FlĂ€chigkeit und Stillstand war, verschiebt die Wahrnehmung der alltĂ€glichen Wirklichkeit und deutet darĂŒber hinaus eine ErzĂ€hlung an, die die komprimierte Information des fotografisches Abbildes als poetische Reise ĂŒbersetzt.
Die magische Welt des Sammlers, ein hedonistisches âBeâgreifen!